– von Lars Reichmann
Ein Leserbrief in den WN zu einem Artikel mit Kommentar hat uns Grüne noch einmal aufgescheucht, einige Gedanken zum Vertrag mit dem Canisianum, der mit der Errichtung einer Sporthalle verknüpft ist, zu äußern. Hier wird ein Koppelgeschäft getätigt: Fortbestand für drei Jahrzehnte + Sporthalle. Genau wie der Leser kamen wir in der Fraktion zu dem Schluss:
„Alles andere wäre richtig!“
Vorab möchten wir gerne feststellen: das Canisianum ist eine gute Schule, an der hervorragende Arbeit geleistet wird – so wie an den anderen Schulen in Lüdinghausen auch. Jede Schule hat sich ihren Platz in der Schullandschaft Lüdinghausens verdient und wir haben viel Respekt vor dem Engagement und dem taktisch gut durchdachten Vorhaben des Gymnasialvereins St. Canisianus e.V., die Schule zu stärken und langfristig zu sichern.
Strategisch gesehen stellt sich aber die Frage, ob langfristig zwei Gymnasien zum Schulstandort Lüdinghausen passen. Die Errichtung einer Sporthalle durch den Gymnasialverein St. Canisianus e.V. widerspricht der Gepflogenheit, die Stadt als Eigentümer der durch die Schule genutzten Immobilien auftreten zu lassen und die Schule als Mieter. Warum davon jetzt abweichen? Über die Ehe wissen wir: Der Erwerb einer Immobilie senkt die Wahrscheinlichkeit für eine Trennung stärker als gemeinsame Kinder. Womöglich sieht auch der Gymnasialverein hier seine Gelegenheit – wohl wissend um die Umbrüche, die in der Schullandschaft in den kommenden Jahren zu erwarten sind.
Daher nochmal einige Gedanken zum Thema:
Zu den Besitzverhältnissen einer neuen Sporthalle:
- Es gibt tatsächlich Ersatzgelder für die Errichtung von Sporthallen. Es lohnt womöglich zu prüfen, ob die Stadt in den Genuss dieser Pauschale [Verordnung über die Finanzierung von Ersatzschulen (Ersatzschulfinanzierungsverordnung – FESchVO) vom 18. März 2005, S.4 oben rechts, https://www.schulministerium.nrw.de/docs/Recht/Schulrecht/Verordnungen/FESchVO_inkl_Anlagen.pdf] kommt, wenn sie als Eigentümer auftritt. Ist das nicht der Fall, kann die Stadt möglicherweise auch als Vermieter der Halle für den Schulträger fungieren: Der Schulträger bekommt 94% der laufenden Kosten erstattet.
- Bezahlt die Stadt die Sporthalle als Finanzier des Trägervereins nicht ohnehin? Woher hat der Trägerverein sein Vermögen – gibt es derart spendable Bürger oder erwirtschaftet der Trägerverein sein Vermögen durch Überschüsse aus den Pauschbeträgen, die das Land NRW überweist.
- Das Grundstück auf dem sich das Canisianum befindet, ist ein Filetstück im innerstädischen Bereich. Seine Nähe zum Krankenhaus, Villa Westerholt und Kirche macht es zu einer attraktiven Lage für eine weitere Nutzung. Die Stadt sollte das nicht aus der Hand geben.
Zur Schulentwicklung allgemein:
- Die Sekundarschule hat sich in Lüdinghausen gut etabliert. Bleibt die Sekundarschule langfristig 5-zügig, ist ein Antrag auf Errichtung einer Oberstufe bei der Bezirksregierung möglich. Eine mögliche Obsoleszenz des Canisianum wäre Entscheidungshilfe für umliegende Gemeinden und die Bezirksregierung, keinen Widerspruch einzulegen – auch wenn das Canisianum als Privatschule in diesen Erwägungen einen Sonderstatus innehat.
- Bei zwei Gymnasien am Ort, die eine Oberstufe anbieten, und zusätzlich noch einem Berufskolleg, ebenfalls mit eigener Oberstufe, wird es die Sekundarschule als einzige Schule ohne eigenes Oberstufenangebot auf Dauer nicht leicht haben. Die Sekundarschule, die sich gerade erst mit viel Engagement etabliert, wird unter Druck geraten: Viele Eltern, für deren Kinder mit eingeschränkter Gymnasialempfehlung unter G8 eher die Sekundarschule die Schule der Wahl wäre, werden sich nun für eines der Gymnasien entscheiden. Als Gesamtschule ist die Sekundarschule langfristig besser aufgestellt.
Langfristig gehört eine Gesamtschule nach Lüdinghausen, um die Stadt für Familien noch attraktiver zu machen. Von 2018 bis 2044 wird sich in der Demografie einiges tun – der Rückgang jüngerer Bevölkerungsanteile nimmt in dieser Zeit durch niedrige Geburtenzahlen an Fahrt auf, die Nettozuwanderung nach Lüdinghausen ist Sache der Experten an den Glaskugeln. Auf Wanderungsbewegungen, da erzähle ich nichts Neues, haben Politik und Verwaltung aber Einfluss – nicht zuletzt durch die Gestaltung einer attraktiven Schullandschaft.
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